Mit dem UL in die Stadt der geflügelten Löwen und Palazzi

Seit Anfang dieses Jahres haben wir ein nagelneues UL, eine WT9 Dynamic, im Flugzeugpark des Vereins. Der hauptsächliche Grund für diese Anschaffung war die deutlich bessere Schleppleistung der Dynamic verglichen mit dem Motorsegler, den wir bislang für das Schleppen unserer Segelflugzeuge verwendet hatten. Allerdings war auch recht schnell klar, dass die Dynamic auch ganz neue Perspektiven im Reiseflug eröffnen würde.

Um diese Möglichkeiten gleich mal auszutesten hatte ich mir einen zweitägigen Kurztrip mit der Dynamic vorgenommen. Doch wo soll es hin gehen?

Ein Flug über die Alpen wäre sicher ein tolles Erlebnis. Fehlt nur noch das passende Reiseziel südlich der Alpen. Betrachtet man eine Karte von Norditalien auf der Suche nach lohnenden Zielen für einen Kurztrip, so sticht der Name eines Ortes sofort ins Auge: Venedig – das wäre doch mal was.

Neben dem großen Internationalen Flughafen Venedig-Tessera der auf dem Festland an der Küste der Lagune liegt, gibt es noch einen weiteren, deutlich interessanteren Flugplatz: den „Aeroporto Giovanni Nicelli“ oder Venedig-Lido. Dieser verfügt über eine ca. 1000m lange Graspiste und liegt nur 4km östlich des Markusplatzes am nördlichen Ende des Lido. Der Anflug führt zwangsläufig dicht an der Altstadt von Venedig vorbei. Da muss man nicht lange überlegen und der Entschluss steht schnell fest: Auf nach Venedig.

Planung:

Die Vorbereitungen auf diesen Trip lassen sich grob in zwei Blöcke aufteilen: Die Überquerung der Alpen und das Fliegen im italienischen Luftraum.

Das Fliegen im Hochgebirge ist nicht zu unterschätzen und man sollte sich, neben der gründlichen Vorbereitung des eigentlichen Fluges, vorab einiges an Hintergrundwissen bezüglich möglicher Routen, Wetter, Strategien und sonstiger Besonderheiten aneignen.
Auch der Luftraum im Nordosten Italiens ist nicht ganz einfach und hält ein paar nationale Spezialitäten bereit.

Die Vorbereitung hat so zwar viele freie Abende verschlungen aber auch viel Spaß gemacht, da man sich damit ja ein komplett neues Gebiet erschließen konnte.

Nachdem alles Vorbereitet war, musste „nur“ noch das Wetter passen. Geplant war eine Übernachtung von Montag auf Dienstag in Venedig. Zwei Tage vor dem geplanten Flug war dann aber klar: Die Vorhersage für den Hinflug sieht gut aus. Der Rückflug am Dienstag wäre aber wohl nicht möglich: Südföhn verbunden mit Turbulenz und Staubewölkung auf der Südseite der Alpen mit Schnee und Regen.

Statt das Ganze auf unbestimmte Zeit zu verschieben, habe ich mich dann dazu entschlossen Montag hin und auch wieder zurück zu fliegen. Zwar nicht ganz so wie erhofft, aber besser als zu Hause zu bleiben…

Mit Sibylle hatte ich spontan gleich noch eine Mitstreiterin für den Trip gefunden und wir haben am Sonntag vor dem Flug noch die finale Route festgelegt, einen Tankstopp geplant und die Flugpläne vorbereitet.

Nun aber genug mit planen und vorbereiten und ab in die Luft.

Flug:

Am Tag des Fluges haben Sibylle und ich uns früh morgens auf dem Flugplatz getroffen. Zumindest war das der Plan… Schlussendlich gabe es dann aber noch eine kleine Verzögerung. Also ging es erst kurz nach 9:00 Uhr in die Luft. Etwa eine Stunde später hatten wir bereits Füssen und damit den Anfang unserer Route über die Alpen erreicht. Das Wetter war super. An einigen Gipfeln hingen zwar ein paar wenige Wolken, aber die konnten wir entspannt umfliegen. Die Sicht war gut und bescherte uns eine großartige Aussicht auf das mit Schnee angezuckerte Alpenpanorama.

Weiter ging es dann über Reutte und den Fernpass ins Inntal.

Querab von Innsbruck heißt es dann einmal rechts nach Süden abbiegen und weiter Richtung Brenner.

Vom Brenner geht es dann über Brixen nach Bozen im Etschtal. Dem Etschtal folgen wir bis kurz vor Trento, um dann nach Südosten abzubiegen. Vor uns liegt nun die Po-Ebene und nach kurzer Zeit erreichen wir den Flugplatz von Thiene. Dort landen wir und legen einen Tankstopp ein.

Flugplan schließen, neuen Plan aufgeben, Flugzeug betanken, Pinkelpause, und Besprechung des nächsten Flugabschnittes nach Venedig.
Nach 45 Minuten starteten wir den Motor und es ging wieder in die Luft.

Der zweite Streckenabschnitt führte dann von Thiene über Vicenza und Padua zunächst in den Norden von Mestre. Von dort dann zum internationalen Flughafen Venedig-Tessera. Diesen durften wir in der Platzmitte nach Süden überfliegen und befanden uns nun über der Lagune von Venedig.

Der Anblick, der sich uns nun auf die Altstadt von Venedig bot, stand einem kitschigen Postkartenmotiv in nichts nach. Wir umflogen die Stadt östlich und landeten anschließend auf dem Flugplatz Venedig-Lido.

Nun würde normalerweise der Urlaub beginnen. Wir beschränkten uns aber (leider!) auf einen Spaziergang entlang der Lagune und einen Cappuccino.
Anschließend ging es direkt wieder zurück zum Flugplatz.

Egal ob groß oder klein: wie es sich gehört, haben natürlich haben beide Flugplätze von Venedig einen Anleger für Wassertaxis.

Der Rückflug folgte größtenteils der gleichen Route, die wir auf dem Hinweg genommen hatten und erforderte keinen Tankstopp mehr. So landeten wir nach weniger als 3 Stunden Flugzeit gegen 18:15 wieder in Mannheim.

Von den Geschichten, Mythen und Geheimnissen Venedigs haben wir so zwar nicht viel gesehen, aber es muss ja auch einen Grund geben noch einmal wieder zu kommen.

Beim putzen und einräumen machte sich dann doch langsam etwas Erschöpfung breit und der Gedanke „eben“ noch mit Blick auf den Dogenpalast Kaffee getrunken zu haben wirkt, fast schon etwas surreal.

Als Resümee lässt sich sagen:
Sicher ist ein solcher Flug aufwändiger als der Besuch eines Nachbarflugplatzes.
Die Frage, ob sich der ganze Aufwand lohnt, kann aber zweifelsfrei mit „Ja“ beantwortet werden!

Text: Stefan Kleiber
Fotos: Sibylle Andresen; Stefan Kleiber

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